Kultur- und Dokumentationszentrum


Ein besonderes Problem liegt für die von der Sinti Allianz Deutschland vertretenen Sinti in der Organisationsstruktur und rechtlichen Grundlage des Kultur- und Dokumentations-zentrums Deutscher Sinti und Roma e.V. in Heidelberg.

Der Zentralrat nutzt das Zentrum als Arbeitsstätte und Podium, sich darzustellen und politische Forderungen und Erklärungen für die gesamte Bevölkerung der Zigeuner in Deutschland in die Öffentlichkeit zu tragen ohne dies mit den Vertretern der SAD abzustimmen.

Das Zentrum wird von der Bundesregierung zu 90 Prozent und vom Land Baden-Württemberg zu 10 Prozent gefördert und ist personell wie technisch eng mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V. verflochten.

Jedoch betrifft die Aufgabe des Dokumentations- und Kulturzentrums die Gesamtheit der deutschen Zigeuner.

Wir fordern daher, daß dieses Dokumentations- und Kulturzentrum allen und nicht ausschließlich einer Gruppierung (einem Verein) zur Verfügung steht.

Derzeit stellt der Zentralrat in dieser Einrichtung unseren Bevölkerungsteil in einer Weise dar, die weder der Realität noch den Wünschen der Mehrheit der deutschen Zigeuner entspricht.

Hierzu ein Beispiel: die Darstellung, Sinti und Roma seien ein Volk bzw. eine nationale Minderheit mit einer gemeinsamen Sprache und Kultur, leugnet das kulturell bedingte Tabu-System der Sinti und die damit verbundenen Reinheits- und Meidungsvorschriften, also kulturelle Gesetze, die das soziale und physische Leben der Sinti grundlegend bestimmen.

Die Folge für uns Sinti ist, daß die kulturellen Einschränkungen insbesondere bei sozial Schwachen in der Wohnungsvermittlung, bei der Arbeitsvermittlung, bei Sinti die im Sozialhilfebezug stehen und Strafgefangenen von den Ämtern nicht berücksichtigt werden.
Dadurch sind die Sinti in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht, ihre Identität als Sinti wird nicht geachtet und in Frage gestellt. Darüber hinaus wird die 1000 jährige Geschichte der Sinti in Deutschland, ungeachtet den tatsächlichen historischen Gegebenheiten, überwiegend auf die NS-Diktatur reduziert.

Der Zentralrat reduziert darüber hinaus im Kultur - und Dokumentationszentrum die NS-Opfer unter den Zigeunern auf Sinti und Roma.

Das Verfolgungsschicksal der ebenfalls betroffenen Kale, ( Gitanos ) Manusch (Gitanes) u.a. wird verschwiegen und die Existenz dieser Zigeunervölker durch den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V. sogar geleugnet.

Mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum besitzt der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V. ein Podium, bei der Dokumentation der Geschichte der Sinti Schwerpunkte zu setzen, die ausschließlich aus seiner Sicht wichtig sind.

Die SAD verfügt über keine durch den Bund geförderte vergleichbare Institution, um die für sie wichtigen gesamt geschichtlichen Ereignisse darzustellen, die ursprünglich religiös bedingten Gebote und Verbote der Sinti deutlich zu machen und die besondere Kultur der Sinti zu vermitteln.

Wichtig in der Arbeit der SAD ist, nicht nur die negativen Ereignisse unserer Geschichte in Deutschland anzuführen, sondern auch die positiven Aspekte darzustellen.

Aus den dargelegten Gründen plädiert die Sinti Allianz Deutschland dafür, das Kultur- und Dokumentationszentrum aus der alleinigen Trägerschaft des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma e.V. in eine öffentlich rechtliche Stiftung, bzw. in eine freie Trägerschaft überzuleiten, um zukünftig einer einseitigen Darstellung der Geschichte, der gegenwärtigen Situation und einer Monopolisierung entgegen zu wirken und zu gewährleisten, daß die Sinti Allianz Deutschland und ggfs. auch andere deutsche pluralistische Zigeunervertreter die Möglich-keit der Darstellung, der Mitgestaltung und der Mitentscheidung erhalten.